Seit zwei Jahren gibt es Stillstand auf dem Areal An der Burg in St.Vith. Viele Bürger*innen stellten uns die Frage, wann die Grabungen und die Arbeiten zur Gestaltung des Areals endlich wieder aufgenommen würden. Da bis Anfang September kein Fortschritt erkennbar war, hat die Bürgerinitiative Burg St.Vith (BI-BURG) neue Initiativen ergriffen um die Akte sowohl bei der Stadt als auch beim Ministerium der DG voran zu bringen.

In ihren Schreiben von 02. November stellte sie dem Gemeindekollegium der Stadt St.Vith und der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft schriftliche Fragen in Bezug auf den aktuellen Stand der Dinge und auf das weitere Vorgehen in dieser Akte (Schreiben in den Anlagen). In ihren Schreiben kündigte sie an, dass sie deren Antworten in der Generalversammlung der Bürgerinitiative am 25. November vorlegen und in einer anschließenden Pressekonferenz kommentieren werde.

Am 24. November gingen die Antwortschreiben des Gemeindekollegiums und der für das archäologische Erbe in der Regierung der DG zuständigen Ministerin Isabelle Weykmans ein (Schreiben in den Anlagen). Bei der angekündigten Pressekonferenz am 26. November 2022 kommentierten Vertreter*innen der Bürgerinitiative diese Schreiben aus der Sicht der Bürgerinitiative.


BI-BURG Pressekonferenz am 26.11.2022 in St.Vith

Fragen und Antworten: Bei ihrer Pressekonferenz erklärte die BI-BURG – hier die Mitglieder Andreas Fickers, Lorenz Paasch, Anny Mathey sowie Klaus-Dieter Klauser (nicht im Bild) – die aktuellen Entwicklungen. (Foto: BI-BURG)


Anny Mathey monierte zunächst den mangelnden und schleppenden Informationsaustausch zwischen dem Ministerium der DG und der BI-Burg: „Wir müssen um Informationen betteln, haben keine erhalten oder wurden sogar falsch informiert. Das betrifft zum Beispiel die Informationen zur Bodensanierung auf dem Grabungsgelände, die leider immer noch nicht in Angriff genommen wurde“. Mit den nun erhaltenen Antworten auf die Schreiben vom 02. November, die ganz offenkundig Bewegung in die Akte gebracht hätten, sei man insgesamt zufrieden.

Eine zufriedenstellende Antwort des Gemeindekollegiums

BI-Mitglied Lorenz Paasch ging auf die historische Bedeutung der Burganlage von St.Vith ein. Anhand eines Vergleichs mit der rekonstruierten Burg von Guédelon in Burgund verdeutlichte er deren imposante Größe. Paasch hatte die Burganlage von Guédelon besucht, die aktuell nach mittelalterlichen Maßstäben, mit mittelalterlichen Werkzeugen und – baumaterialien errichtet wird. Der direkte Vergleich der Ausmaße der Mauern und der Türme zeigten erstaunliche Ähnlichkeiten zwischen der Anlage von Guédelon und der St.Vither Burgruine.


Burg Guédolon mit Skizze

Die Burg von Guédelon sowie eine hypothetische Rekonstruktion der Umrisse der Burg, integriert im heutigen Stadtplan. (Foto: BI-BURG, Grafik: Wolfgang Messerschmidt)


Damit veranschaulichte er, dass die ehemalige Burg St.Vith ein überaus imposantes und somit bedeutendes Bauwerk gewesen sein muss. „Wir reden nicht von irgendeinem Kinkerlitzchen, sondern von einem der wichtigsten archäologischen Funde in der DG. St.Vith war die einzige mittelalterliche Stadt mit Burg und Stadtmauer auf dem Gebiet der heutigen DG“, sagte Lorenz Paasch.

In diesem Zusammenhang hob er die Bedeutung des von der Stadt geplanten Ankaufs des Gelände Huppertz an der Bahnhofstraße hervor, über den der Stadtrat in seiner nächsten Sitzung befinden wird. Anhand eines aktuellen Katasterplans situierte er das Gelände und skizzierte dessen mögliche Inwertsetzung. „Der Ankauf des Geländes Huppertz wird es ermöglichen, eine Verbindung (Fußweg, Fahrradweg) vom Wohngebiet am Triangel und vom Ravel Fahrradweg zur Stadt zu schaffen. Diese Möglichkeit ist von großer Bedeutung für viele Bewohner dieses Viertels und für die späteren Besucher des Areals sein“, so Paasch.


Parzelle Hupperte Katasterplan

Das Gelände Huppertz in blau umrandet. (Skizze: Roland Gilson)


Die BI könne also zufrieden mit den Antworten der Stadt St.Vith sein, habe aber auch für die nächsten Monate klare Forderungen an sie zu stellen: eine zügige Abwicklung der Kaufformalitäten bis spätestens Februar 2023, eine zeitnahe Vergabe eines Dienstleistungsauftrages an ein Planungsbüro zur Ausarbeitung eines Inwertsetzungsplanes und die Benennung eines „Kümmerers“ (m/w) bei der Stadtverwaltung, d.h. eines/einer Sachbearbeiter*in, bei der alle administrativen Vorgänge koordiniert und dokumentiert werden. Diese administrativen Aufgaben könnten nicht von einem Mitglied des Gemeindekollegiums wahrgenommen werden.

Die BI schlägt zudem vor, dass die Stadt ein weiteres, an das Haus Huppertz angrenzende Haus in der Bahnhofstrasse ankaufen soll, das später in Verbindung mit diesem als Museums- und Empfangsgebäude für die Burganlage umgebaut werden könnte. In diesem Museum sollten dann auch die auf dem Grabungsgelände gemachten Funde aufbewahrt und ausgestellt werden, denn diese Funde sollten an Ort und Stelle gezeigt werden können und nicht in Depots in Eupen verbracht werden.

Stadtgeschichte wird neu geschrieben

BI-Mitglied Lorenz Paasch hat sich in den letzten zwei Jahren intensiv mit der Geschichte der Stadtwerdung von St.Vith im 13. und 14. Jahrhundert beschäftigt und bereitet zurzeit eine Veröffentlichung der neuen Erkenntnisse vor. Im Rahmen der Pressekonferenz zeigte er einige Schlüsseldokumente, aufgrund derer u.a. der Beginn des Burgenbaus und die Verleihung der Stadtrechte zeitlich eingeordnet werden können.

BI-Mitglied Andreas Fickers ging auf den wissenschaftlichen Wert der bisherigen Funde ein. Die Ausgrabungen brachten ihm zufolge grundlegende Impulse für die geschichtswissenschaftliche Forschung. „Wir sind am Anfang eines Prozesses. Bei der dritten Grabung handelt es sich um sehr wichtige, wissenschaftliche Grabungen, die durch die DG gefördert werden müssen. Ohne Zweifel wird die Stadtgeschichte damit neu geschrieben.“

Er betonte, dass es sich nicht um einen kleinen, historischen Fund handelt, sondern um eine Entdeckung, die die ganze Geschichte Ostbelgiens prägen wird.


Pressekonferenz am 26.11.2022 in St.Vith

Während der Pressekonferenz wurden Möglichkeiten zur Inwertsetzung des Areals vorgestellt. (Foto: BI-BURG)


Die Antwort der Ministerin: gute Nachrichten und weiterhin offene Fragen

BI-Mitglied Klaus-Dieter Klauser ging auf die Antwort der zuständigen Ministerin Isabelle Weykmans ein. Demnach bestätigte die Ministerin, dass die Enteignung der geschützten Parzelle auf der Regierungssitzung vom 10. November beschlossen wurde. Eine gütliche Einigung mit den aktuellen Eigentümern bleibt trotzdem noch möglich auf der Grundlage einer neuen, am 10. November vorgelegten Kostenschätzung des Immobilienerwerbskomitees.

In beiden Fällen sollte – so die Forderung der Bürgerinitiative – das Ministerium das Areal spätestens im Februar 2023 in Besitz nehmen und die erforderlichen Aufträge zur Bodensanierung und zur Durchführung der 3. Grabung in Auftrag geben. In diesem Zusammenhang teilte die Ministerin denn auch mit, dass die europäische Ausschreibung für die im kommenden Jahr geplante dritte Grabung in vollem Gange sei und die Frist für die Abgabe der Angebote am am 5. Dezember 2022 ende. Vorher seien allerdings weitere vorbereitende Arbeiten notwendig, zu denen u.a. die Bodensanierung gehöre. Diese Arbeiten sollen von einen zu bestimmenden Projektkoordinator (m/w) begleitet werden.

Die Ministerin schlägt einen Austausch zwischen der BI, der Stadt und der DG im Dezember vor, bei dem der aktuelle Stand und die Planungen für das Jahr 2023 besprochen werden sollen. Selbstverständlich wird die BI-Burg dieser Einladung Folge leisten.

Aus Sicht der Bürgerinitiative wurde die Frage nicht beantwortet, wer für die Entsorgung des kontaminierten Erdreichs zuständig ist und wann dies geschehen soll. Für die Durchführung der dritten Grabung im Jahr 2023 sei dies allerdings von grundlegender Bedeutung. „Es gibt nichts, was die DG daran hindern könnte, die dritte Grabung in Auftrag zu geben. Es gibt keinen Grund zu warten“, sagte Anny Mathey abschließend.


Berichterstattung in der Presse:

BRF – Bürgerinitiative will, dass die Geschichte der St. Vither Burg endlich fortgeschrieben wird (von Stephan Pesch)