Ist eine Integration in den geplanten Wohnkomplex OPWYDO möglich?

Auch nach der vorläufigen Unterschutzstellung (23. 12. 2020 – 23. 12. 2021) bleibt diese Frage bestehen, ob eine Integration in den geplanten Wohnkomplex OPWYDO überhaupt möglich ist.

Der stellvertretende Grabungsleiter M. Müller und der ZVS-Ehrenvorsitzende K-D. Klauser berichten im BRF-Videobeitrag von Raffaela Schaus von großartigen Funden auf einer so kleinen Fläche: Stadtbefestigungsmauer, zwei Rundtürme, Wassergraben, etc. aus dem Spätmittelalter. Sie sind der festen Überzeugung, dass bei weiteren Grabungen noch mehr Grundmauern der ehemaligen Burganlage freigelegt werden können. Sie können sich angesichts der Ausmaße der freigelegten Mauern nicht vorstellen, „diese Funde in Privatbauten zu integrieren!“

Damit widersprechen sie dem von Christian SCHILLINGS, Projektmanager der Gesellschaft EIFFAGE, im Grenz-Echo vom 4.11.2020 geäußerten Vorschlag, „die bemerkenswerten archäologischen Funde“ könnten in das auf dem Areal „An der Burg“ geplanten Appartementgebäude OPWYDO integriert werden.

Die Bürgerinitiative BI-BURG sieht diese Möglichkeit ebenfalls u.a. aus folgenden Gründen NICHT:

  • Teile des geplanten Gebäudes und der Großteil der mit dem Gebäude verbundenen Grünfläche mit Kinderspielplatz und Spazierwegen sollen gemäß den bereits genehmigten  Bauplänen genau da entstehen, wo die archäologisch wertvollen Mauern freigelegt wurden. Die Feststellung von Herrn Schillings, „die Fläche, auf der die Residenz mit 33 Wohneinheiten errichtet werden soll, sei nicht unmittelbar von den Grabungsarbeiten tangiert“ ist nicht richtig! Die freigelegten Festungsmauern liegen genau im Bereich der Grünflächen und zum Teil im Bereich der Tiefgarage, die nach der Bauordnung der Stadt St. Vith und der darauf beruhenden Baugenehmigung angelegt werden müssen, d.h. die Festungsmauern und -türme würden zumindest zum größten Teil  bei deren Anlage definitiv zerstört! Außerdem reicht bei Bauvorhaben dieser Größenordnung ( 4 Geschosse über Kellerniveau, 15 Meter Höhe) die auszuhebende Baugrube weit über die Außengrenzen des Gebäudes hinaus.
  • Selbst wenn man dies bautechnisch zum Teil vermeiden könnte, würden diese Fundstätten in das Privat- bzw. Gemeinschaftseigentum der zukünftigen 33 Appartement-Eigentümer, die rechtlich eine Miteigentümergesellschaft bilden müssen, integriert sein. Es ist kaum anzunehmen, dass diese Eigentümergemeinschaft – wozu sie dann verpflichtet wäre – die Kosten für den Erhalt und die Pflege der Ausgrabungen übernehmen würde.
  • Noch weniger vorstellbar ist es, dass diese Privateigentümer den stets freien Zutritt für jedermann und insbesondere für Touristen selbst an Wochenend- und Feiertagen in die private Tiefgarage und über die privaten Gärten ihrer Immobilie dulden und dabei auch noch die zivilrechtliche Haftung bei einem eventuellen Schadensfall übernehmen würden. Dies stünde auch im klaren Widerspruch zu der Beschreibung der Anlage in der Werbebroschüre von EIFFAGE und dem Immobilienmakler EUROIMMO. Darin heißt es u.a.: „Eine Insel der Ruhe und Geborgenheit (…) Die Fenster- und Türöffnungen blicken auf die Grünflächen der Außenanlage, denn jede Erdgeschosswohnung verfügt über einen eigenen Garten (…) Darüber hinaus steht allen Bewohnern ein 350 m2 großer Freizeitbereich zur gemeinsamen Verfügung. “ „Jedes Appartement soll seinen Bewohnern möglichst viel Privatsphäre und Komfort bieten.“ „Alle Fenster- und Türöffnungen wurden so konzipiert, dass Sie keine Angst vor neugierigen Blicken haben müssen. Die Privatsphäre eines jeden Bewohners bleibt gewahrt“. 
  • Aus diesen Gründen ist der Hinweis des Projektmanagers, die „Place St.Lambert in Lüttich könnte als Vorbild dienen“ (GE vom 4.11.20) definitiv NICHT zutreffend: die Funde auf der Place St. Lambert (das „Archéoforum“) sind in das öffentliche Eigentum integriert, deren Unterhalt wird von der öffentlichen Hand (mit) finanziert und der Zutritt für Besucher von einer Gesellschaft öffentlichen Rechts organisiert.

Daraus schlussfolgert die BI-BURG:

  • die für die Geschichte der Stadt St. Vith und die Geschichte der gesamten Region außerordentlich wichtigen Funde dürfen nicht für den Bau eines privaten Appartementhauses ganz oder auch nur teilweise zerstört werden,
  • die ältesten baulichen Relikte der Stadt dürfen nicht in das Eigentum einer Privatgesellschaft integriert werden bzw. bleiben. Ohne dem Projektmanager der Gesellschaft EIFFAGE seinen guten Willen abstreiten zu wollen, muss man feststellen, daß sein Wunsch „die Funde für die Nachwelt zu erhalten und mit adäquaten Schutzmaßnahmen sichtbar zu machen“ in diesem privaten Rahmen nicht zu erfüllen ist,
  • der Erhalt dieser Funde für die Nachwelt kann nur von der öffentlichen Hand (Stadt und/oder Deutschsprachige Gemeinschaft) im Rahmen eines anzulegenden Parks als Ort der Begegnung sowohl für ältere Menschen als auch für Kinder und Jugendliche und als touristische Attraktion auf Dauer gewährleistet werden.

AKTUALISIERT AM 23.12.2020:

Die Regierung der DG hat sich diesen Argumenten der BI-BURG in der Begründung zu ihrem Erlass vom 23. Dezember 2020 zur Unterschutzstellung des Areals angeschlossen.

„Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft,

(…)

In Erwägung, dass eine Nutzung der archäologischen Stätte sowie ihre Zugänglichkeit im öffentlichen Interesse zu rechtfertigen ist;

In Erwägung, dass aufgrund der Ausmaße und der Art der Befunde eine gleichzeitige Bebauung bei vollem Erhalt der Befunde aus den folgenden Gründen ausgeschlossen ist:

  • räumliche Überschneidung von Baufenster und Befunden, die bereits festgestellt wurden und Befunden, die noch vermutet werden;
  • selbst, wenn keine räumliche Überschneidung vorliegt, hohe Wahrscheinlichkeit der unwiederbringlichen Zerstörung von Teilen der archäologischen Stätte während der Durchführung von Baumaßnahmen;
  • durch die nicht vollständige archäologische Untersuchung des Areals, hohe Wahrscheinlichkeit von weiteren bedeutenden Befunden, die von Wichtigkeit des gesamten Kontextes der archäologischen Stätte sind;
  • Nichtvereinbarkeit einer Bebauung im Hinblick auf eine öffentliche Nutzung, die gewährleisten soll, dass das Gelände dauerhaft zugänglich ist;
  • In Erwägung, dass jegliche Erdbewegung oder Ausschachtung das teilweise erforschte archäologische Potenzial der Parzelle unwiederbringlich zerstören oder zumindest gefährden wird;“

(…)

Beschließt:
Artikel 1 – Die Parzelle Bahnhofstraße 33 in 4780 Sankt Vith, Gemarkung 1, Flur G, 51k² wird vorläufig als archäologische Stätte unter Schutz gestellt.

(…)

Lorenz Paasch